Schweizer Küche – saisonal von Tal zu Tal

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Hat die Schweiz eine eigene Küche? Anders gefragt, könnte jemand in einem fremden Land ein Lokal eröffnen, das als «Schweizer» durchgehen würde, so wie man «zum Italiener» oder «zum Griechen» geht? Als viel gereiste KulinarikerInnen wissen wir natürlich, dass diese Bezeichungen gar nicht zutreffen: In Italien wie in Griechenland, aber auch in Indien oder Peru gibt es keine nationalen, sondern viele verschiedene regionale Küchen. In den Auswanderer-Lokalen anderswo auf der Welt haben sich dann über die Jahrzehnte hinweg einfach jene Gerichte durchgesetzt, die industriell am einfachsten herzustellen und zu konservieren sind.
Auch die Schweiz hat keine nationale Küche (Fondue wurde erst in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts zu dem, was es heute ist). Sie hat jedoch viele regionale Küchen, deren Spezialitäten heute oft kaum mehr bekannt sind – ausser sie sind: industriell einfach herzustellen und gut zu konservieren. Wir kennen diese Nevergreens aus den Restaurants in unseren Skigebieten.
Der Journalist Paul Imhof hat sich über Jahre hinweg mit dem kulinarischen Erbe der Schweiz befasst und eine Menge Informationen wie auch Rezepte gesammelt. Er belegt in einer ganzen Buchreihe, wie sich die vielfältige Topographie der Schweiz auf die Kulinarik des Landes ausgewirkt hat – Imhofs Recherche ist nach Kantonen und ihren Talschaften aufgelöst und bietet jede Menge köstlicher Fundstücke. Es gibt demnach in der Schweiz mindestens so viele Schweizer Küchen, wie es Dialekte gibt. Man erfährt überdies auch, wie die an die Schweiz angrenzenden Länder unsere Küchen beeinflusst haben.
Wer in seinem Umfeld kulinarikverrückte Leute hat und diese Buchreihe noch nicht kannte, ist nun für Weihnachten sorgenfrei – die mehrbändige Edition macht zuverlässig Freude. Sie ist aber auch lehrreich für alle, die nach den Grundsätzen von Soil to Soul regional und saisonal kochen wollen. Denn logischerweise sind Spezialitäten von früher immer in Küchen ohne Tiefkühler und mit Rohstoffen aus der unmittelbaren Nachbarschaft zubereitet worden. Die regionalen Küchen der Schweiz waren schon von den Vorgaben her nachhaltig. Ein anderer Journalist, Dominik Flammer, hat übrigens mit dem «Kulinarischen Erbe der Alpen» den gesamten Alpenbogen in ähnliche Forschungen einbezogen. Es gibt eine tolle Anthologie über die zahllosen Traditionsprodukte der Alpenregion – und natürlich auch ein Kochbuch dazu. Ebenfalls sehr empfehlenswert.

Selbstverständlich hat Soil to Soul zu diesem Thema einen Anlass zu bieten. Seht euch doch mal diesen Abend mit Rolf Hiltl, Christine Brombach und Urs Stalder an: Im Rahmen des Podiumsgesprächs «Reality vs. Illusion» wird über die Auswirkungen der Informations-Verhaltens-Lücke auf unser Ernährungsverhalten geredet.

Damit ihr diese Lücke schliessen könnt, besucht doch in der Woche vor unserem Symposium die Rüsterei, das L’Amant Brasserie & Bar oder das Weisse Rössli an der Bederstrasse: Sie alle bieten ab dem 26. Oktober ein Menu im Zeichen von Soil to Soul an. Es wird integral aus saisonalen und regionalen Zutaten von Bio-Herkunft zubereitet. Alle diese Produkte gibt es am 31. Oktober auch am Soil Food Market auf dem Kalander- und Utoplatz zu kaufen.

Buchreihe «Das kulinarische Erbe der Schweiz», Miniaturen von Paul Imhof, Echtzeit Verlag