Trinken nur noch Rindviecher Milch?

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Ausser im Fall von Süchten verlangt unser Körper meistens nach dem, was er gerade braucht. Wenn wir dies in guter Qualität bekommen und in Ruhe geniessen können, wird es uns gut tun – das gilt für Milch wie für Milchersatzprodukte.

Wie soll man es mit der Milch und den aus ihr hergestellten Produkten halten, wenn man nachhaltig und klimabewusst leben möchte? Die einfachste Antwort auf die Frage lautet wie meistens: In Massen, regional, nach Bio-Grundsätzen produziert, wenn möglich aus muttergebundener Kälberaufzucht. Wer Milch auf diese Weise konsumiert, ist sicher kein böser Mensch.

Aber wie immer tut die Industrie nicht das, was wir gerne hätten, sondern das, was ihr am besten in den Kram passt. Wer Milch oder Käse konsumiert, muss sich schon bewusst sein: Er oder sie hält mit seinem Konsum einen bizarren Kreislauf in Schwung – Kühe werden künstlich besamt, bekommen Kälber und fangen an, Milch zu geben. Das Kalb wird ihnen weggenommen und mit Milch von anderen Kühen oder Milchpulver ernährt. Die Kuh wird trotzdem gemolken, so lange es geht. Das weibliche Kalb wird aufgezogen und auch eine solche Kuh, das männliche Kalb wird geschlachtet. Kühe sind grundsätzlich schwanger oder am Milch geben. Wenn sie das nicht mehr können, werden sie geschlachtet. So weit, so kalt – es ist aber so, dass in der Schweiz sehr viele LandwirtInnen sehr viel Arbeit leisten, damit es ihren Tieren gut geht. Die Vorschriften hierzulande sind streng und die Subventionen durch den Bund einigermassen grosszügig. Nutztierhaltung ist eine jahrtausendealte Tradition, die nur durch Verbandswesen und riesiges Marketing so pervertiert wurde. Könnten wir auf vernünftige Massstäbe zurückkehren, wären die Probleme weniger gross. Ah ja: Bei der Mutter- oder Ammenkuhhaltung dürfen die Kälber übrigens so lange an echten Eutern saugen, bis sie sich hauptsächlich von Gras und Heu ernähren können. Das dabei wachsende Kalbfleisch ist allerdings nicht so weiss, wie es viele KonsumentInnen gerne immer noch hätten. Sicher ist aber eins: Milch ist kein Heilmittel, sondern ein sehr hochwertiges Lebensmittel.

Weil die Nutztierhaltung aus den erwähnten Gründen zunehmend in Misskredit geraten ist, feiern derzeit die HerstellerInnen von Milchersatzprodukten grosse Erfolge an den weltweiten Märkten. Und wie überall werden angesichts solcher Erfolge die ökologischen Fussabdrücke der einzelnen Produkte gemessen; auch die gesundheitlichen Auswirkungen werden angeschaut. Wir wissen längst alle, dass zu viel Soja nicht gesund ist; die in Soja enthaltenen Phyto-Östrogene bringen bei Überkonsum unseren Hormonhaushalt durcheinander. Kann keiner wollen. Mandelmilch: Benötigt beim Anbau der Mandeln viel – VIEL! zu viel Wasser, das anderswo fehlt, weil die Mandel ja ein subtropisches Gewächs ist und nicht an nördlichen Fjorden gedeiht, wo das Wasser in rauen Mengen vorhanden wäre. Zahlreiche Milch-Ersatzprodukte gehen in Ordnung, wenn ihre Grundstoffe möglichst biologisch und regional angebaut werden. Es lohnt sich jedoch immer, kurz auf die Zusammensetzung der Produkte zu schauen: Oft sind ziemliche Mengen Zucker in den Milchersatzprodukten versteckt, ausserdem finden sich meistens Verdickungsmittel wie der Algenauszug Carrageen oder pulverisierte Johannisbrotkerne darin, die als Ballaststoffe gelten, aber von denen man sich trotzdem nicht riesige Mengen ins System kübeln möchte. Auch Aromen gibt’s sehr oft anzutreffen.

Für rund die Hälfte der Weltbevölkerung – aber nur für wenige EuropäerInnen, weil wir uns über die Jahrtausende dran gewöhnt haben – ist Milch ein No-Go, weil ihre Verdauung nicht über das Enzym Laktase verfügt, mit dem der Milchzucker aufgeschlüsselt wird. Die Folge ist übles Bauchweh -> bitte gleich zu Ersatzprodukten greifen. Oder: Selber herstellen! Das Netz quilt gewissermassen über vor leicht verständlichen Anleitungen.

Wir von Soil to Soul sind nicht gegen die Nutztierhaltung an sich, nur gegen ihre grossindustrielle Ausprägung. Tiere sind wichtig beim Regenerieren von Böden und ihre Produkte tun uns oftmals gut. Sie sind Teil einer ganzheitlichen Auffassung von Landwirtschaft. Wir finden es auch nicht in Ordnung, ein Produkt einfach durch ein industrielles Produkt von hoher Fertigungstiefe zu ersetzen – siehe auch «plant based» Fleischersatzprodukte, die viel mehr Wasser und Energie benötigen, als wenn wir einfach mal richtig Gemüse kochen würden. Müsli und Kaffee sind Lebensmittel, für die Milch oder Milchersatzprodukte einfach schon technisch unbedingt nötig sind. Wer sich vom einen oder anderen täglich etwas gönnt, macht weder moralisch noch ernährungstechnisch etwas falsch. Wer ganz genau aufpasst, wird im Alltag zu einer regionalen Hafermilch aus Schweizer Hafer greifen und den Preis dafür bezahlen. Das ist derzeit die optimierte Lösung für alle Fragestellungen in diesem Bereich. Immerhin mal ein Bereich, in dem man etwas mit Sicherheit sagen kann – darauf einen Babycino!